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Gräberfeld

von Sindolvesdorf

 

Wer heute bei der Ausfahrt Sindelsdorf von der Autobahn kommend auf die Bundesstraße B 472 einbiegt und dann in Richtung Tölz fährt, steuert - meist nichts ahnend - mitten durch das Gelände eines uralten Gräberfeldes aus der Bajuwarenzeit. Entdeckt wurde es bei Straßenbauarbeiten. 331 Gräber von Männern, Frauen und Kindern wurden dort gefunden.

Speerspitze

 

Die Art und Weise, wie die Toten bestattet wurden, und die gefundenen Grabbeigaben lassen Rückschlüsse zu, dass es sich dabei zum Teil um herausragende Persönlichkeiten gehandelt haben muss. So wurde in einem Grab ein Toter gefunden, der zusammen mit einem Hirsch bestattet war. Dies deutet darauf hin, dass es sich bei dem Verstorbenen um einen sehr begüterten Mann mit hohen Privilegien gehandelt haben muss: Die Jagd auf Rotwild mit Hilfe eines so genannten Lockhirsches stammt aus der Zeit der Spätantike und war ein Privileg des Adels. Mit Hilfe der an der Leine geführten und gezähmten Hirsche wurde anderes Wild angelockt und dann erlegt. Wie aus frühmittelalterlichen Texten bekannt ist, wurde der Diebstahl oder das Töten eines solchen Tieres als Frevel betrachtet und entsprechend geahndet. Bislang konnten nur sehr wenige Gräber mit einer Lockhirschbestattung gefunden werden. Das Sindelsdorfer Grab ist das einzige in Altbayern.
Jäger mit Lockhirsch (Rekonstruktion)

 

Ähnliche Funde gibt es nur noch aus dem zur selben Zeit von Langobarden besiedelten westlichen Ungarn und aus einem den Sachsen zugeschriebenen Gräberfeld am Rand der Lüneburger Heide. Der Hirsch im Grab des sicher noblen Mannes aus dem Sindelsdorfer Gräberfeld war etwa zwei Jahre alt. Aus den Resten seines Halfters ist zu erkennen, dass er gezähmt war. Aufschlussreich über Sitten und Gebräuche sowie über die gesellschaftliche Stellung der Toten sind auch die zahlreichen anderen Fundstücke.
Glasbecher (Rüsselbecher)

 

 In den Gräbern der Männer wurden vor allem Waffen gefunden: Schwerter, Schilde, Speere, Pfeil und Bogen. Dazu noch Messer, Kämme und Geräte zum Feuerschlagen. In den Gräbern von Frauen und Kindern wurden Perlenketten, Ohrgehänge, Silberfibeln und Haarnadeln entdeckt. Darunter war beispielsweise auch eine überaus wertvolle Fibel, die aus dem byzantinischen Kulturkreis stammt und wohl durch Händler nach Sindelsdorf kam.

 

Nur noch eine einzige weitere Fibel dieser Art ist in Brabant in einem Grab gefunden worden. Diese Fibel ist ebenfalls ein Beweis dafür, dass die in Sindelsdorf Begrabenen sehr begütert waren, sonst hätten sie sich solche Schmuckstücke nicht leisten können.

 

Die Zeit für die Ausgrabungsarbeiten war kurz bemessen, weil die Straßenbauer drängten und weitermachen wollten. Deshalb war es damals zwar möglich, die genaue Umgrenzung des Gräberfeldes festzustellen, nicht aber, wo sich die Siedlung der damaligen Siedler befunden hat. Diese Bajuwarensiedlung nämlich dürfte der Ursprung des späteren "Sindolvesdorf" gewesen sein. Ab 763 wurden die Toten vermutlich nahe der früheren Marienkirche beerdigt. Nach den Ausgrabungsarbeiten im Gräberfeld der Bajuwaren und der schnellen Registrierung der Funde setzte die penible Arbeit der Konservatoren ein. In mühsamer Kleinarbeit wurden Fundstücke gereinigt, entrostet, teils wieder zusammengefügt und dauerhaft präpariert.

 

Untergebracht sind die Ausgrabungsstücke in der prähistorischen Staatssammlung in München.

 

Hier finden sie neue Bilder von den Ausgrabungsstücken!